Wenn Wut laut wird – Umgang mit aggressivem Verhalten
Aggressives Verhalten bei Kindern und Jugendlichen ist oft ein Hilferuf – Ausdruck innerer Not und unerfüllter Bedürfnisse. Diese Einheit hilft dir, die dahinterliegenden Ursachen zu verstehen und zeigt dir Wege auf, wie du in herausfordernden Situationen ruhig, präsent und unterstützend handeln kannst.
Neugierig geworden? Dann tauche ein in diese Einheit und entdecke, wie du durch Verständnis, Empathie und gezielte Strategien einen sicheren und entwicklungsfördernden Raum für Kinder schaffen kannst.
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Aggression ist für mich …
Ergänze spontan den Satz.
Tausche dich mit deinem Buddy aus:
- Welche Gefühle löst aggressives Verhalten bei dir aus?
- Wie wurdest du selbst im Umgang mit Wut geprägt?
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Aggression entsteht meist aus einem inneren Ungleichgewicht – nicht aus Böswilligkeit!
Aggressionen sind nicht per se negativ oder gefährlich – sie gehören zur menschlichen Grundausstattung. Ursprünglich dienten sie dem Selbstschutz, der Verteidigung von Grenzen und dem Überleben.
Auch heute noch zeigt sich Aggression in vielen Formen: von der Durchsetzung eigener Bedürfnisse über Ärger bis hin zu destruktivem Verhalten.
Wichtig ist die Unterscheidung zwischen konstruktiver und destruktiver Aggression.
Wie entstehen Aggressionen?
Fertig?
Lies die Zusammenfassung von „Wenn Aggression Hilfe schreit“ (Jansen, 2021).
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Tausche dich mit deinem Buddy aus: Welche Ursachen erkennst du bei Jugendlichen in deinem Umfeld?
Eintauchen 1
Deeskalation ist keine Technik, sondern eine Haltung.
Sie beginnt lange vor dem lauten Ausbruch, im Alltag, durch Beziehung, Verlässlichkeit und eine feinfühlige Wahrnehmung des Gegenübers.
Neurowissenschaftlich lässt sich zeigen, dass Kinder in Stressmomenten kaum Zugang zu logischem Denken oder Einsicht haben – ihr Gehirn ist im „Überlebensmodus“. Umso wichtiger ist es, dass die erwachsene Bezugsperson ko-regulierend agiert: ruhig, präsent, nicht bedrohlich.
Kinder können sich nur dann beruhigen, wenn sie sich sicher und gesehen fühlen.
Daher gilt: deeskalieren statt reagieren!
Situation |
Haltung |
Handlung |
Vor der Eskalation |
Vertrauensvoll & aufmerksam |
Beziehungsangebote, Mitsprache, Struktur |
In der Eskalation |
Ruhig & präsent |
Langsam sprechen, Ich-Botschaften, Raum geben |
Nach der Eskalation |
Haltgebend & reflexiv |
Kein Nachtrag, echtes Gespräch, neue Verabredung |
Lies mehr dazu hier:
Deeskalation ist keine Technik, sondern eine Haltung.
Sie beginnt lange vor dem lauten Ausbruch, im Alltag, durch Beziehung, Verlässlichkeit und eine feinfühlige Wahrnehmung des Gegenübers. Neurowissenschaftlich lässt sich zeigen, dass Kinder in Stressmomenten kaum Zugang zu logischem Denken oder Einsicht haben – ihr Gehirn ist im „Überlebensmodus“ (Siegel, 2012). Umso wichtiger ist es, dass die erwachsene Bezugsperson ko-regulierend agiert: ruhig, präsent, nicht bedrohlich.
Neuropsychologische Hintergründe (kurz erklärt)
- In stressgeladenen Situationen übernimmt das limbische System (v. a. Amygdala) die Kontrolle – das Kind ist in Alarmbereitschaft.
- Der präfrontale Cortex – zuständig für Impulskontrolle und Problemlösung – ist dann kaum aktivierbar.
- Erwachsene, die ruhig bleiben, aktivieren durch Co-Regulation das „Social Engagement System“ (Porges, 2011).
- Dadurch wird das Nervensystem des Kindes herunterreguliert, ohne dass man viel tun oder sagen muss.
Was wirkt deeskalierend – schon im Vorfeld?
Verlässliche Beziehung & Kontaktangebote
· Kinder, die sich emotional sicher fühlen, geraten seltener in Eskalation.
Klare Regeln UND echte Mitsprache
· Struktur ohne Zwang schafft Orientierung und Autonomie.
Frühwarnzeichen erkennen
· Nervosität
· plötzliche Stille
· Körperspannung
· Rückzug
Reflexion der Trigger
· Welche Situationen bringen bestimmte Kinder schnell an ihre Grenzen?
Tipp: Erstelle mit deinem Team eine Trigger-Ampel: Welche Reize eskalieren – welche deeskalieren?
Was hilft in der akuten Situation?
Sprache
· Ruhiger, langsamer Tonfall.
· Kurze, klare Sätze.
· Vermeidung von Bewertungen oder Vorwürfen.
Körperhaltung
· Nicht über das Kind beugen.
· Abstand halten.
· Hände offen, keine drohende Mimik.
Ich-Botschaften statt Du-Vorwürfe
· „Ich sehe, dass du wütend bist“
statt
· „Du rastest ja total aus!“
Raum geben
· Rückzug anbieten („Du kannst kurz rausgehen oder dich setzen, ich bleibe hier.“)
Sicherer Rahmen ohne Machtspiel
· Keine Diskussion um Schuld
· kein Duell „Wer hat recht?“
Wichtig: Weniger ist mehr. Schweigen, Aushalten und Sicherheit ausstrahlen wirken oft stärker als Erklärungen.
Was hilft danach? (Post-Eskalation)
Kein Nachtrag, keine moralischen Reden
Ø Kinder brauchen nach einer Eskalation emotionale Rückversicherung.
Gespräch nach Stabilisierung
Ø Was hat dich so wütend gemacht?
Ø Wie ging es dir davor?
Ø Was hätte dir geholfen?
Reparatur vor Sanktion
Ø Erst Verbindung wiederherstellen, dann über Konsequenzen sprechen.
Deeskalation analysieren
Ø Was hat mir geholfen, ruhig zu bleiben?
Ø Was kann ich beim nächsten Mal anders machen?
CC BY-NC-SA 4.0 : Siegel, D. J. (2012): The Developing Mind; Porges, S. W. (2011): The Polyvagal Theory; Greene, R. W. (2008): Lost at School; BAG Traumapädagogik: www.bag-traumapaedagogik.de; Gewaltfreie Kommunikation: www.gewaltfrei.de
HIER PDF einfügen > warum zu groß
Entwickle mit deinem Buddy ein Deeskalationsprofil mit folgenden Fragen:
- Was hilft dir, selbst ruhig zu bleiben?
- Welche Strategien möchtest du üben?
Ausprobieren 1
Mit Jugendlichen arbeiten – Übung zur emotionalen Regulation
Übung: „Wut ist wie ein Vulkan“:
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Zeichne mit Jugendlichen gemeinsam einen Vulkan.
-
Überlege: Wie fühlt sich Wut an? Was bringt sie zum Brodeln?
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Entwickelt gemeinsam „Ablassventile“ (Strategien, bevor es zur Explosion kommt): Bewegung, Knetball, Musik, Rückzugsort, Wörter statt Taten.
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Erstellt daraus eine „Wut-Ampel“: rot = Eskalation, gelb = Alarmzeichen, grün = Regulation möglich.
➤ Lasst jede:n Jugendliche:n seine persönliche Ampel gestalten.
Ausprobieren 2
Für Pädagog:innen – Wissen in Handlung bringen
Erstelle ein schriftliches Fallbeispiel aus deiner Praxis (anonymisiert), in dem eine aggressive Situation entstanden ist. Analysiere sie mit den folgenden Leitfragen:
-
Welche Ursachen könnten hinter dem Verhalten liegen?
-
Was hast du konkret beobachtet (nicht interpretiert)?
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Welche Reaktion von dir war hilfreich – was hättest du rückblickend anders gemacht?
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Wie hättest du aus heutiger Sicht ko-regulierend agieren können?
Anschließend Austausch im Buddy-Team mit Rückmeldungen nach dem Prinzip:
- Was war nachvollziehbar?
- Wo erkenne ich alternative Wege?
Abschließen
Und jetzt zum Schluss kannst du dir folgende Fragen stellen:
-
Wie sicher bin ich im Umgang mit eskalierenden Situationen?
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Was triggert meine eigene Wut?
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Kann ich Aggression auch als Beziehungsangebot lesen?
-
Wie schaffe ich Halt – ohne Kontrolle über das Kind zu suchen?